In Nicki leben verschiedene Charakteren
GFV-Information
Rheinische Post 12.Dezember 2001
Nicki spricht immer von „Wir”. Ein „Ich” gibt es für sie nicht. Ihr „Wir” erschließt keine Familie. Nicki lebt alleine. Und doch wieder nicht. In ihr sind viele Menschen – Susie, Burkhard, Toni, Gina, Nele, um die sich Nicki besonnen kümmert und auf die sie aufpasst. Die 40-jährige ist eine multiple Persönlichkeit, aufgespalten in zahlreiche Personen. Männer, Frauen, Kinder. Seit frühester Kindhit wurde sie unzählige Male gequält, sexuell missbraucht, vergewaltigt – alles deutet auf eine satanische Sekte hin. Nach jahrzehntelanger Therapie hat Nicki den Mut gefasst, die Orte ihres Höllenlebens aufzusuchen und sich den quälenden Erinnerungen zu stellen.
die Filmemacherin Liz Wieskerstrauch hat sie dabei begleitet. Zu späten Stunde (23 Uhr) zeigt die ARD heute Nickis Spurensuche. Lange aufbleiben lohnt sich. Nicht ohne Grund bekam Wieskerstrauch für ihr Selbst-Porträt einer multiplen Frau „Die Seele brennt” in diesem Jahr den Film- und Fernsehpreis des deutschen Hartmannsbundes. auch bei Nicki ist ihr ein bewegender Film gelungen. Der Wechsel der vielen Charaktere mit verschiedener Mimik, Gestik und Stimme ist bei Nicki mit Faszination und Schrecken zu beobachten. Sie erleben bei der Recherche die Situation nach 30 Jahren noch einmal. Spüren die unbeschreibliche Todesangst, Schmerzen, Erniedrigung. Gefühle wie diese sind der Grund dafür, dass sich Nicki in andere Identitäten geflüchtet hat. Sie und die anderen berichten von Dingen, die niemand glauben möchte. Der satanische Kult, Folter, Missbrauch und Vergewaltigung durch den Stiefvater. Selbst die eigene Mutter verkaufte sie, vergeht sich an ihr, kennt keine Grenzen.
Als 13-jährige bekommt Nicki von der Außenwelt unbemerkt ein Kind. Sie sagt, die Satanisten hätten sie gezwungen, es zu töten, damit alle von seinem Herzen essen können. Unglaubliche Dinge, die sie außer mit ihren Erinnerungen nicht beweisen kann. Wer Nicki deshalb nicht glaubt, macht es sich zu einfach. „Die Ungläubigkeit der Gesellschaft ist der beste Schutz der Täter”, sagte Wieskerstrauch. Nicki ist eine Beispiel dafür. Trotz später Stunde findet man nach dieser beeindruckenden Dokumentation schwer in den Schlaf.