Quelle: NW-News
von Ludger Osterkamp

Warburg/Paderborn. Seit anderthalb Jahren gehen die Strafbehörden den Hinweisen auf satanistische Verbrechen vor allem in den Räumen Gütersloh und Paderborn nach – doch konkrete Erkenntnisse liegen bislang nicht vor. „Wir haben noch keine greifbaren Anhaltspunkte für rituelle Verbrechen gefunden“, sagte Ralf Vetter, Sprecher der Staatsanwaltschaft Paderborn, vorgestern gegenüber dieser Zeitung. Gleichwohl laufen die Ermittlungen aber weiter.

Am vergangenen Dienstag hatte die ARD den zweiten Teil der Filmdokumentation „Höllenleben“ ausgestrahlt. Betroffene berichteten dort, wie sie während ihrer Kindheit und Jugend für Satanskulte missbraucht wurden. Im ersten Teil, Ende 2001 ausgestrahlt, hatten die Schilderungen einer 40-jährigen Gütersloherin Ermittlungen bei mehreren Polizeibehörden und Staatsanwaltschaften ausgelöst. „Nicki“, so ihr Name, soll von einer Satans-Loge gefoltert, missbraucht und dazu gezwungen worden sein, zwei neugeborene Babys zu töten, darunter ihr eigenes. „Bestätigen können wir diese Aussagen bislang nicht“, sagte Staatsanwalt Vetter vorgestern gegenübert der Neuen Westfälischen. Jürgen Heinz, Hauptkommissar bei der Kripo Bielefeld, teilte mit, dass die Angehörigen von „Nicki“ umfassend vernommen worden seien – ohne Ermittlungsansatz. „Wir haben keine Fakten und keine Belege – und damit wenig in der Hand.“

Heinz informierte, dass sich nach der Ausstrahlung des ersten Teils mehrere Frauen gemeldet hätten, die angaben, ebenfalls Opfer satanischer Praktiken geworden zu sein.

In dem ARD-Film am Dienstag kam eine „Katharina“ aus Gütersloh zu Wort. Auch sie berichtete von Kindstötungen auf der Wewelsburg bei Büren sowie von rituellem Missbrauch einer Satanssekte in Gütersloh. Staatsanwalt Vetter: „Sie hat Anzeige erstattet und Anfang des Jahres ihre Aussage gemacht.“ Das Protokoll fülle 50 bis 60 Seiten. Darin spricht „Katharina“ auch von einem Geistlichen aus Gütersloh, einem Dekan oder Dechanten, der sich an den okkulten Praktiken beteiligt haben solle. „Wir sind bemüht, diesen Mann ausfindig zu machen“, sagte Hauptkommissar Heinz. Den Namen des Geistlichen habe sie nicht genannt, dafür aber zwei, drei andere Personen, die sie ebenfalls beschuldige. Außer der Aussage habe die Polizei aber keinen Anhaltspunkt.

Das Überprüfen der Aussage von „Karin“, einer weiteren Gütersloherin, war ergebnislos geblieben. Sie hatte berichtet, dass noch zur Jahreswende 2000/2001 auf der Wewelsburg Kinder geopfert worden seien.

Das Bundeskriminalamt hat laut Vetter daraufhin nach Blutspuren gesucht, aber keine gefunden. Auch sei einer der Räume, wo die Opferung stattgefunden haben soll, alarmgesichert gewesen. Vetter und sein Hamburger Kollege, der Oberstaatsanwalt Rüdiger Bagger, halten einige Aussagen des „Höllenleben“-Films für „überzogen“. So dürfe eine Bielefelder Pastorentochter, die in Hamburg Anzeige erstattete, die vermeintliche Tötung eines Küsters schildern, obwohl dieser laut amtlichen Krankenhaus-Dokumenten noch sechs Jahre länger gelebt habe. Vetter sagte, dass er bei manchen Aussagen von Frauen den Eindruck habe, dass sie vor allem therapeutisch wichtig seien, weniger strafrechtlich.

Dennoch, so Vetter, nehme man alle Schilderungen ernst und gehe ihnen nach. Auf der Hotline, die die Projektgruppe „Fragmente“ des Gütersloher Vereins „Trotz Allem“ in der Nacht zu Mittwoch und vorgestern tagsüber geschaltet hatte, hätten sich erneut mehrere Frauen gemeldet.

„Wir haben wieder viele Reaktionen bekommen, auch von Betroffenen“, sagte Manuela Schöning, Mitarbeiterin des Vereins.