
Foto: Nickis
Für Heikes, Krümel, die Kleine, Micel, Patrick und all‘ die anderen, die wir nicht mit Namen kennen gelernt haben
Heike Schnieders, gestorben im Mai 2007
Es begann an einem Frauenorte,
da hangen an einem Brett eure mutigen Worte
Multipel sind wir, sagtet ihr,
und wenn ihr es auch seid, dann meldet euch hier.
Im Bremer Krokodil hat unser Kontakt dann begonnen,
doch die Erinnerung daran ist leider verschwommen.
Erst war klar – nur wir zwei,
doch dann brachtet ihr Gudrun mit und wir waren drei.
Und wieder ist die Erinnerung fort.
Bis zum ersten Multitreffen in Bielefeld –
an einem ganz anderen Ort.
Dort teilten wir uns ein Zimmer in einer WG
Und ich dachte da oft, dass ich gleich geh‘.
Irgendjemanden ging es immer schlecht.
Und wir zerstritten uns und eigentlich hatte niemand Recht.
Den Kontakt zu Kindern mochtet ihr sehr gern
Und oft aber hieltet ihr sie euch auch fern.
Ihr nahmt dann auch zu uns Distanz
und das auch zwischendurch völlig und ganz.
Lange war das –
und wir waren zwischen Gleichgültigkeit, Traurigkeit und Wut.
Und dann war es in uns zwischendurch auch wieder gut.
Und wieder ist die Erinnerung bei uns nicht so klar,
vielleicht verging sogar ein Jahr.
Irgendwann plötzlich sahen wir euch irgendwo stehen,
und wir merkten, wir wollten auch zu euch gehen.
Eine gewisse Nähe, die war dann wieder da
und es ging euch schlecht, das war uns dann klar.
Wir nahmen den Kontakt zusammen wieder auf.
Und alles nahm seinen Lauf.
Ihr erzähltet von Psychiatrie und schrecklichen Zeiten
und wir haben uns gesehnt nach euren starken Seiten.
Teils ging es euch schlecht und dann hattet ihr wieder Mut.
Wir trafen uns viel und wir fanden das gut.
Doch eine nahe Nähe die blieb fern,
aber wir hatten euch gern.
Und wieder verging die Zeit.
Wir waren zusammen in einer Selbsthilfegruppe
und hatten sie irgendwie auch dann wieder leid.
Verschwimmende Erinnerungen massenhaft –
Irgendwann aßen wir viel Chips und tranken Saft.
Gerade fehlt ihr uns da sehr,
denn eure Erinnerungen waren oft viel mehr.
Sie waren auch oft viel genauer,
manchmal fragten wir euch und waren danach schlauer.
Und dann zogen wir nach Kiel um, im Nu,
dadurch sahen wir uns nur noch ab und zu.
Doch die örtliche Distanz war wohl richtig,
denn sie machte die Nähe wichtig.
Wir hatten immer wieder viel Streit, Kampf und Leid.
Doch dann beschlossen wir zusammen
alles ruhen zu lassen mit der Zeit.
Wir gaben dem Schönen zwischen uns bewusst viel mehr Raum
Und das machte uns zu Freundinnen, man glaubt es kaum.
Wir redeten oft und lange
Und manche Telefonrechnung machte uns bange.
Tolle Reime haben wir gedichtet.
Dabei hat sich manch‘ Lachanfall gelichtet.
Mensch- ärgere- dich- nicht spielen,
am Telefon,
ist eine Kunst, doch wir konnten das schon.
Ein Spiel machten wir,
Ich- erzähle- ein- Satz- und- du- erzählst- ihn- weiter.
Das war lustig und manches mal wurden wir dadurch sogar auch gescheiter.
Euer Singen liebten wir sehr
und wollten davon am liebsten immer mehr.
Musikalische Früherziehung wollten wir auch.
Uns eine Kassette zu machen,
da kamt ihr dann drauf.
Wunderschön last ihr uns aus Bilderbüchern manchmal vor,
geradewegs in unser Ohr.
Manch Kartenspiel wurde auch am Telefon probiert,
man kann fast sagen,
wir haben das Spielen- am- Telefon studiert.
Konnten wir uns länger nicht am Telefon hören,
so ließen wir uns nicht lange davon stören.
Wir quatschten dann auf Kassetten ein,
und schickten sie der anderen heim.
Gemeinsam hatten wir eine Idee, mit den Kassetten,
alleine darauf sprechen, das konnte tatsächlich retten.
Manchmal half euch auch darauf stundenlang zu reden.
Vielleicht mochtet ihr ab und zu danach auch wieder leben.
Doch es ging euch schlechter und nur noch sehr selten gut.
Und wir hatten euch schon richtig lieb
und wollten dafür kämpfen, dass uns nicht verlässt der Mut.
Wir wollten euch begleiten, so weit unsere Grenze war.
Wenn es sein muss bis zu eurem Tod,
denn wir ahnten und wussten, es kann sein der ist bald da.
Jetzt seid ihr fort und wir vermissen euch –
Ja und das macht uns manchmal Schmerzen.
Doch wisst ihr was, wir behalten die schöne Zeit mit euch auf jeden Fall in unseren Herzen.
Tschüühüß!
Von uns den Colinas